Konzerte vom 5., 6. und 7. Mai
Trouvailles
Klavier und Chor im Dialog
Am 5., 6. und 7. Mai 2023 führte das Vokalensemble Cantemus sein Programm „Trouvailles“ auf.
Im Zentrum des Programms standen romantische Trouvaillen aus England und Deutschland. Der Chor unter der Leitung von Judith Flury konnte dafür den ebenso renommierten wie facettenreichen Musiker Rudolf Lutz gewinnen. Bereits das Eröffnungsstück des amerikanischen Komponisten Morten Lauridsen gab dabei die gemeinsame Richtung vor: eine wunderbar kantable Symbiose zwischen Klavier und Chor.
Mit Edward Elgar und Ralph Vaughan Williams verband sich Musik der beiden wohl bekanntesten Vertreter der englischen (Spät-)Romantik. Gleichwohl sind ihre klangschönen Chorwerke echte Trouvaillen – sie fristen hierzulande nämlich praktisch ein Schattendasein und sind nur selten zu hören. Sehr populär sind im Gegensatz dazu die Liebeslieder-Walzer von Johannes Brahms in der ungewöhnlichen Besetzung für Chor und Klavier zu vier Händen. Der damit schon angedeutete enge Bezug zwischen Lied und Tanz spiegelt sich in der schwungvollen Komposition mit ihrem lyrisch-schwelgenden, heiteren, aber auch energischen Tonfall. Den dazugehörigen Klavierpart übernahmen Judith Flury und Rudolf Lutz gemeinsam. Unser ad-hoc-Klavierduo war daraufhin auch mit der Fantasie in f-Moll zu vier Händen von Franz Schubert zu erleben, welche er als wohl grösste Trouvaille seiner Klaviermusik im letzten Lebensjahr komponierte. Das Werk von beinahe symphonischem Zuschnitt, dessen melancholische Stimmung zu Beginn gleichsam das allumfassende Motto darstellt, verkündet vom ersten Takt an masslose Trauer und unversöhnlichen Schmerz; in diese Stimmung versinkt es nach jeder der raren Dur-Aufhellungen nur immer noch tiefer. Auch wenn dazwischen beinahe gesellige volkstümliche Melodien auftauchen, zählt es zu den bewegendsten und berührendsten Musikstücken.
John Rutters bekannte jazzige Birthday-Madrigals nach Texten von Shakespeare und Wilbye bildeten das Finale. Der erfolgreiche englische Komponist für Chormusik schrieb sie 1995 zu Ehren des grossen Jazz-Pianisten George Shearing.
Den dialogischen Bogen durch das ganze Programm spannte Rudolf Lutz mit seinen raffinierten, überraschenden und nicht zuletzt unterhaltsamen Improvisationen.
Rudolf Lutz
Rudolf Lutz ist ein international gefragter Pianist, Organist, Cembalist, Komponist, Dirigent und Improvisator. Bis 2013 war er Organist an der evangelischen Stadtkirche St. Laurenzen in St. Gallen und bis 2008 leitete er den Bach-Chor St. Gallen. Zu seiner langjährigen Tätigkeit als Dozent zählten Lehrstühle an der Schola Cantorum Basiliensis (Improvisation), an der Hochschule für Musik Basel (Generalbass) und an der Musikhochschule Zürich (Oratorienkunde).
Heute widmet sich Rudolf Lutz regelmässigen und vielseitigen Konzertengagements und Meisterkursen in Amerika, Europa und Asien. Die Darstellung einer Partitur in umfassender Weise ist dem Dirigenten Lutz ein grosses Anliegen. Durch seine intensive Auseinandersetzung mit der historischen Aufführungspraxis und durch seine breitgefächerte Konzerttätigkeit bringt er entscheidende künstlerische Impulse in die verschiedenen Chöre und instrumentalen Ensembles, welche er dirigiert. Dass dabei ungebremste Musizierfreude und sinnlicher Ausdruck ebenso zum Tragen kommen, ist für ihn zentral.
Als Komponist ist Rudolf Lutz für Werke wie beispielsweise seine Sinfonia für die Kantate BWV 158 von Bach oder sein vielbeachtetes Weihnachtsoratorium in englischer Art («An English Christmas») bekannt. Im 2017 wurde seine Kantate zur Ehre Luthers mit Libretto von Karl Graf – ein Auftragswerk von Deutschlandfunk Kultur – auf der Wartburg uraufgeführt. 2018 wurde die Landsgemeindekantate, auch mit Text von Karl Graf, in Trogen uraufgeführt.
Die interdisziplinäre Erfahrung von Rudolf Lutz machte ihn zum prädestinierten musikalischen Leiter der Gesamtaufführung von Bachs Vokalwerk, des gigantischen Projekts der J. S. Bach-Stiftung St. Gallen – eine Aufgabe, die er seit 2006 erfüllt. Im selben Jahr erhielt Rudolf Lutz den Kulturpreis des Kantons St. Gallen. Für sein Lebenswerk wurde Rudolf Lutz mit dem STAB-Preis der Stiftung für Abendländische Ethik und Kultur (2015) und dem Schweizer Musikpreis (2019) geehrt. Seit 2016 ist Rudolf Lutz Mitglied des Direktoriums der Neuen Bachgesellschaft e. V. Leipzig.
Alte Kirche Boswil
Freitag, 5. Mai 2023
20.00 Uhr
Eintrittskategorien:
– 30 Fr. (Vollpreis)
– 20 Fr. (Studenten & Schüler)
– kostenlos (unter 16)
Kantonsschule Wohlen
Samstag, 6. Mai 2023
20.00 Uhr
Eintrittskategorien:
– 30 Fr. (Vollpreis)
– 20 Fr. (Studenten & Schüler)
– kostenlos (unter 16)
KuK Aarau, Saal 2
Sonntag, 7. Mai 2023
17.00 Uhr
Eintrittskategorien:
– 30 Fr. (Vollpreis)
– 20 Fr. (Studenten & Schüler)
– kostenlos (unter 16)